Venöse MS (CCSVI) in den deutschen Medien (I)

Meine skeptische Haltung gegenüber der Verrostete-Krampfadern-im-Kopf-Theorie habe ich angemessen genug dokumentiert, um mich jetzt ganz furchtlos umzuschauen:

Heute findet sich ein lesbarer Artikel zur CCSVI im Tagesspiegel. Die Autorin hat offenkundig im Internet recherchiert. Das ist mal grundsätzlich lobenswert: Bravo, Frau Müller-Lissner!

Neben Daten, Diskussionen und den geplanten Studien zur zamboni’schen Theorie stieß die Journalistin unvermeidlicherweise auch auf pharmakophobische Verschwörungstheorien: «Im Netz argwöhnen Betroffene, ihre behandelnden Ärzte machten gemeinsame Sache mit den Herstellerfirmen der teuren Immuntherapeutika.»
… und erste Kommerzialisierungsversuche: «Es kursieren Namen von polnischen Medizinern, die den Eingriff ebenfalls ausführen.»

Dazu befragte sie Lutz Harms, den Leiter des MS-Zentrums an der Berliner Charité. Der hält Stent-OPs für einen ausgesprochen experimentellen Ansatz und empfiehlt seinen Patienten, solide Studien abzuwarten.

Zu dieser Einschätzung kommt der Mann nicht zuletzt deshalb, weil seine Klinik begonnen hat, die Venen von MS-Patienten systematisch zu untersuchen. Dabei konnten bislang noch keine der von Zamboni beschriebenen Verengungen gefunden werden. Womöglich sind Ultraschallbefunde reine Ansichtssache?

Mein Fazit: Insgesamt macht der Artikel einen objektiven Eindruck und Dr. Harms Empfehlung kann ich mich nur anschließen.

In diesem Sinn: Keine Eile Leute, zum Geldausgeben und Blutvergießen ist noch Zeit genug. Die MS läuft euch ja nicht weg.

2 Gedanken zu „Venöse MS (CCSVI) in den deutschen Medien (I)

  1. Linda

    Oh ja stimmt, die MS läuft uns ja nicht weg, aber uns leider doch auch entgegen, ob wir nun wollen oder nicht.
    Außerdem haben die meisten Ärzte in Deutschland bis jetzt nur die Meinung, weil sie sich einfach noch nicht informiert haben und das Verb „informieren“ ist genauso relativ, wie auch Ihre Aussage etwas „genug dokumentiert“ zu haben oder zu „recherchieren“. Ich habe übrigens auch „recherchiert“ und bin zu einem anderen Ergebnis gekommen und ich habe höchstwahrscheinlich länger recherchiert als die nette Dame des Tagesspiegels. Und wie auch schon bei der Stellungnahme der DMSG auf die CCSVI finde ich auch beim Tagesspiegel mehrere Punkte, die einfach nicht stimmen und/oder falsch interpretiert werden (absichtlich oder unabsichtlich sei mal dahin gestellt)

  2. rdo

    Da ist schon mal der Fehler drin, wie auch schon bei der DMSG und anderswo begangen, dass Zamboni gar nicht mit Stents arbeitet.

    Wer sich zudem die Mühe macht, Zambonis Ergebnispräsentation durchzulesen, wird finden, dass die Zunahme der Lebensqualität und Abnahme der kognitiven Beeinträchtigungen nicht unbedingt zum natürlichen Verlauf der RRMS passt. Das wäre nur dann richtig, wenn die Patienten in der Mehrzahl zum Zeitpunkt der Behandlung in einem Schub gesteckt hätten, der sich anschliessend zurückbildet, was aber nicht der Fall ist. Ansonsten geht die Lebensqualität bei etwa der Hälfte der Patienten auch bei der RRMS eigentlich nur in eine Richtung, und das ist i.A. langsam aber sicher nach unten.

    Die beste Erklärung für die Ergebnisse wäre demnach ein Plazeboeffekt; das müsste man b.a.W. einfach mal so stehen lassen. Beim Hinweis auf den natürlichen Verlauf muss ich aber ehrlich gesagt lachen.

    Es ist auch nicht so, dass sich die PPMS/SPMS-Patienten laut Ergebnissen gar nicht verbessert hätten. Nur haben sich hier über die ersten 6 Monate hinaus keine weiteren Verbesserungen ergeben — warum auch nicht, wenn man von toxisch wirkendem Eisen als Korrelat für die Behinderung ausgeht, es ist vielleicht auch nicht alles reversibel.

    Längst nicht alle Venenleiden haben übrigens ihren Höhepunkt in höherem Alter.

    Was die Leute dort untersucht haben, das weiss ich natürlich nicht. Aber da fehlen insoweit auch nähere Informationen in Bezug auf die Methodik.

    Die Empfehlung, abzuwarten, würde ich natürlich erst mal so teilen. Aber, da kommt natürlich die spannende Frage — hat man so eine Abflussstörung, und wurde diese objektv festgestellt (was glaube ich im Augenblick die Schwierigkeit darstellt) — ist das gesund und will man die behalten?

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