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#GKV-Überschuss: Alles muss raus, aber schnell.

BERLIN +++ Wir erinnern uns: 2009 prognostizierte der Herr Doktor Rösler dem sozialistischen Gesundheitsfonds ein freierfundenes Defizit von 11 Milliarden Euro. Doch die Patientenschaft verweigerte sich und sparte statt dessen eine Reserve von bis zu 14 Milliarden Euro an. Eine 25-Milliarden-Euro-Fehldiagnose. Tragisch.
Aber egal, die schwarzgelben Spezialexperten für zyklische Politik wissen Abhilfe. Sie müssen sich nur noch einigen, wessen Klientel sie unser Geld schenken – damit die GKV auch in der nächsten völlig unvorhersehbaren Konjunktureintrübung wieder zum Schmarotzer erklärt werden kann.
Tit for tat: Wie wär’s denn jetzt mit einer Rückerstattung der Mehrwertsteuersubvention des Bundeshaushalts an die GKV-Versicherten?

#Gesundheitsreformation: Marktkonforme Win-Win-Situation

BERLIN +++ Der geschäftsführende Vorstand des AOK-Bundesverbandes, Uwe Deh wagte es jüngst, die Forderung der Union nach einer Absenkung des Apothekenabschlages und eine ‚Reform’ des AMNOG ab 2013 als Wahlgeschenk zu bezeichnen.
Der Affront konnte selbstverständlich nicht ungestraft bleiben. Spezialexpertenhornbrillenträger Jens Spahn erklärt also dem Herrn Deh in einem netten Brief: «Wenn Ihre Äußerung so zu verstehen ist, dass Sie das Wegfallen der Begrenzung der Entwicklung der Verwaltungskosten (…) ab dem Jahr 2013 als ‚Geschenk an die Kassen‘ verstehen, das eigentlich nicht nötig wäre, sind wir gerne bereit, dies gesetzgeberisch aufzugreifen.»
Was sich zunächst wie eine Drohung liest, weist tatsächlich einen Weg aus der Konfrontation: CDU/CSU, FDP, Apotheker und Pharmas kriegen ihre Wahlgeschenke und die Kassenvorstände dürfen ihre Bezüge wieder erhöhen. Da freut sich dann sogar Standard & Poors.

#Lyrica droht Festbetrag

BERLIN +++ Der Gemeinsame Bundesausschuss plant eine Festbetragsgruppe für Pfizers Antiepileptikum Lyrica. Gemeinsam mit Generika, die den Wirkstoff Gabapentin enthalten, soll Pregabalin in die neue Festbetragsgruppe GABA-Analoga eingeordnet werden. Gabapentin-Generika kosten im Durchschnitt weniger als die Hälfte von Lyrica, dazu auch Aufzahlungen; via apotheke-adhoc.
Bei den Zahlen aus dem Artikel gingen mir die Augen über: 2009 wurde Lyrica etwa 1,8 Millionen Mal zu Lasten der Kassen verordnet. Mit einem Volumen von 221 Millionen Euro rangiert Lyrica auf Platz 12 der umsatzstärksten patentgeschützten Arzneimittel. Weltweit setzte Pfizer letztes Jahr mehr als drei Milliarden US-Dollar mit dem Blockbuster um.

#Amantadin nur noch auf Privatrezept

BERLIN +++ Der Gemeinsame Bundesausschuss gibt bekannt: Amantadin ist zur Behandlung des ms-bedingten Fatigue-Syndroms für GKV-Patienten nicht mehr erstattungsfähig. Die vorliegenden Studien erreichen nicht den zur Kostenübernahme notwendigen Evidenzgrad. Off-Label-User sind in Zukunft Selbstzahler.
Nach Datenlage erscheint die Entscheidung angemessen. Trotzdem hinterlässt sie bei mir ein ungutes Gefühl. Womöglich gibt es ja doch auch sozioökonomisch gehandicapte Patienten, die bis dato von Amantadin profitieren konnten? Und die Schläferratten werden jetzt auf Vogelgrippe umsimulieren müssen.

Systematische und vorsätzliche Täuschung der Öffentlichkeit?

Wir erinnern uns: Im vergangenen Jahr hatte Gesundheitsminister Rösler die Erhöhung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Krankenversicherung (14,9 auf 15,5 Prozent) und die Einführung von Zusatzbeiträgen mit einem erwarteten Monsterdefizit des Gesundheitsfonds von elf Milliarden Euro begründet.
Jetzt entpuppt sich das Ganze als propagandistischer Popanz zur Beschädigung des solidarischen Sozialversicherungssystems: Nach einer aktuellen Prognose des Schätzer- kreises des Bundesversicherungsamtes, stellt sich die Finanzlage des Gesundheitsfonds nämlich viel besser dar, als 2010 beschrieen. Die Einnahmen belaufen sich auf knapp 174 Milliarden Euro, von denen der Fonds aber nur etwas über 170 Milliarden an die Kassen ausbezahlt. So bleibt ein Überschuss von 3,6 Milliarden Euro. 2011 werden nochmals deutliche Mehreinnahmen für den Fonds erwartet. Die Beitragserhöhung wäre also gar nicht notwendig gewesen; via handelsblatt.
Da stellt sich die Frage, welchen Zweck der Herr Doktor Rösler mit seinem Katastrophen- szenario überhaupt verfolgte? Womöglich hilft uns die Diagnose von Dr. med. Bernd Hontschik in der frankfurter-rundschau vom 8. Oktober 2010 bei der Beantwortung weiter?

Integrierte Versorgung: Das Zukunftsmodell für die chronisch notleidende Pharma-Branche

Wie wäre das? Ein auf Multiple Sklerose spezialisierter Pharmahersteller gründet ein Tochterunternehmen, das als Vertragspartner einer Krankenkasse für die Versorgung von MS-Erkrankten verantwortlich ist.
Gibt’s nicht, geht nicht, eine Halluzination? Für die etwa 13.000 schizophrenieerkrankten Versicherten der AOK-Niedersachsen ist das heute schon Realität. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es uns erwischt.
Ich bin ja mal gespannt, wie die CRAB-Dealer den Markt gewaltlos unter sich aufteilen wollen.